Bergpartie auf die Teufelskanzel – mit Theodor Storm im Mittelgebirge

Theodor Storm, einer der großen Erzähler des 19. Jahrhunderts, verbindet man mit Novellen wie „Immensee“ und „Der Schimmelreiter“ und mit eindrücklichen Schilderungen der nordfriesischen Küstenlandschaft. Seine besondere Begabung, eine Landschaft mit wenigen Worten dem Leser bildhaft vor Augen zu führen, beschränkte sich aber nicht auf seine friesische Heimat: In der Novelle „Eine Malerarbeit“ schildert Storm in der ihm eigenen, prägnanten Form mit wenigen Federstrichen eine Landschaft des Mittelgebirges und skizziert Ablauf und Stimmung einer für das 19. Jahrhundert typischen Landpartie in einer Weise, dass der Leser meinen könnte, er sei selbst dabei

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Im Mittelpunkt der Novelle steht der körperlich beeinträchtigte Maler Edde Brunken. Er ist gemeinsam mit anderen Freunden des Hauses vom Vater der jungen Getrud, die ihm Modell saß, zu einer Landpartie auf die Teufelskanzel im Brocken-Gebirge eingeladen. Munter und beschwingt geht es – zunächst im Wagen, dann zu Fuß – nach oben. Ebenso leicht fließen die Worte in Storms Schilderung der Szenerie:

„Am andern Tage leuchtete der hellste Sonnenschein. Zu Leiterwagen, in denen man sich auf langen Brettern gegenübersaß, ging es die erste Meile durch den Wald; alle Altersklassen waren vertreten, Gertrud hatte sogar ein ganzes Rudel Kinder mit zu verpacken gewußt. Unter der Direktion des lebenslustigen Onkels ging dergleichen immer vortrefflich, und so war denn auch heute alles guter Dinge, und die Drosseln im Tannicht sangen nicht heller, als das junge Volk auf den Leiterwagen. Zumal mein kleiner Brunken war heiterer, als ich ihn lange gesehen; wenn die anderen schwiegen, sang er mit seiner starken, aber freilich etwas scharfen Tenorstimme holländische Volkslieder, die er von der Antwerpener Akademie mitgebracht hatte. Er war in solchen Dingen unerschöpflich. Endlich langte man in einem Dorfe unterhalb des Gebirges an, von wo aus es zu Fuße nach der Teufelskanzel hinaufgehen sollte, einem breiten Felsenvorsprung, zu dem ein ziemlich steiler Weg etwa eine Stunde lang durch niedriges Gebüsch hinaufführte. Die Sonne brannte, und da ich das Bergsteigen unter solchen Umständen für meinen Freund nicht rätlich hielt, so bestieg er eines unserer Wagenpferde, einen alten mageren Urhengst, und diesen Reiter in der Mitte, zog nun die lustige Schar in der Bergschlucht aufwärts; zwei Bauerburschen folgten mit wohlgepackten Körben, die ein gutes Frühstück am Ziele alles Mühsales verhießen.“

(Theodor Storm, Eine Malerarbeit, Erstdruck in „Westermanns Illustrierte deutsche Monatshefte“ Nr. 23, 1867/1868, Seiten 1 bis 17; Neuausgabe mit Biografie, herausgegeben von Karl-Maria Guth, Sammlung Hofenberg, Berlin 2013, Seite 56 f.; der Text folgt: Theodor Storm: Sämtliche Werke in vier Bänden, herausgegeben von Peter Goldammer, 4. Auflage, Aufbau Verlag, Berlin und Weimar 1967).

Nach kurzem Halt mit erquickender Trinkpause erreicht die Gesellschaft das Ziel:

„Endlich war die Teufelskanzel erreicht. Sie war nicht unbefugt, diesen Namen zu führen; lotrecht schoß der Fels über hundert Klafter in die Tiefe, wo sich unten im Sonnenglanz die lachendste Landschaft ausbreitete. Durch grüne Wiesen, an Dörfern und Wäldern vorbei, floß in vielen Krümmungen ein glänzender Strom, dessen Rauschen in der Mittagsstille zu uns heraufklang, und drüber her, in gleicher Höhe mit uns, standen die Lerchen flügelschlagend in der Luft und mischten ihren Gesang in die Musik der Wellen. Wer dessen noch fähig war, der mußte hier von Lebens- und Liebeslust bestürmt werden. Brunken, dessen Mähre einem der Bauerburschen zur Obhut übergeben war, stand neben mir und starrte wie verzaubert in die Tiefe.

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»Arnold«, sagte er und drückte mir die Hand, »das Leben ist doch schön!«

Nach dem Frühstück stieg der Assessor mit einigen anderen Herren auf einem Umwege den Berg hinab, um eine von unten heraufschimmernde Marmorader zu untersuchen; die übrigen blieben noch auf der Lagerstelle; Brunken und ich schlenderten in den Wald hinein. Während ich mich hier an einer freien Stelle ins Moos warf, befiel ihn die Kletterlust seiner Jugend; ich sah ihn über mir an einer jungen Buche wie eine große Spinne von Ast zu Ast hinaufrücken, und nicht lange, so schaukelte er sich im höchsten Wipfel und sang laut über den Wald hinaus.“

(Theodor Storm, Eine Malerarbeit, herausgegeben von Karl-Maria Guth, aaO, Seite 57).

Eine Malerarbeit“ – Leben und Leiden des Malers Edde Brunken

Die beschriebene Land- und Bergpartie markiert den Höhe- und Wendepunkt in Storms Novelle „Eine Malerarbeit“: Der körperlich beeinträchtigte, lebensmutige und tatendurstige Maler Edde Brunken verliebt sich in die ebenso hübsche wie unbeschwert leichtlebige Gertrud, während diese für ihn Modell sitzt. Schmerzlich verspürt er, dass seine Liebe nicht zuletzt aufgrund seiner Behinderung unerwidert bleiben wird und bringt dies in einer „Studie zur Selbsterkenntnis“ bildlich zum Ausdruck: In einem sonnigen altfranzösischen Park steht ein „verkrüppelter Mann[es]“ vor einer Marmorstatue der Liebesgöttin Venus und betrachtet diese sinnierend, während sich auf einem sonnigen Laubweg im Hintergrund „im traulichsten Behagen ein Liebespaar entfernt[e]“. Das Paar steht sinnbildlich für die für ihn unerreichbare Gertrud und deren Verehrer, einem vom Maler wenig geschätzten Assessor, mit dem er sich unlängst sogar wegen eines Wortgefechtes ein – glimpflich ausgegangenes – Pistolenduell geliefert hatte. Nach und trotz dieser „Selbsterkenntnis“ fasst der Maler Hoffnung, als der Vater Gertruds „eines Tags in der schönen Junizeit auf Gertruds Antrieb eine Wald- und Bergpartie veranstaltete“.

Theodor Storm – Eine Malerarbeit – © Katrin von Mengden-Breucker/Marius Breucker

Mit jedem Schritt des Aufstiegs, den der Maler hoch zu Ross absolviert, steigt die Gemüts- und Stimmungslage. Der auf der zwischenzeitlichen Rast genossene Rotwein befeuert die Hochstimmung:

„Aber wer konnte so lange dursten! Auf der Mitte des Weges wurde Halt kommandiert; die Mädchen schenkten Wein, alles trank, und auch dem Maler wurde von Getrud ein großer Humpen hinaufgereicht. – Man mußte es sehen, wie die kleine Gestalt mit dem rauhen, mächtigen Kopf auf der hochbeinigen Mähre huckte, wie er das Glas emporhob, daß die Sonne durch den roten Wein funkelte, und mit den scharfen schwarzen Augen danach hinblinzte. »Flüssiger Rubin!« rief er. »Auf das Wohl aller schönen Erdenkinder!« Und dabei goß er den roten Wein hinab.

»Seht da, der Herr des Gebirges!« rief Gertrud.

»Nur der Kobold, schöne Dame!« entgegnete der Maler und setzte seinem Hengst die Fersen in die Weichen.

(Theodor Storm, Eine Malerarbeit, herausgegeben von Karl-Maria Guth, aaO, Seite 57).

Auf der Teufelskanzel – Euphorie und Ernüchterung

Oben auf der „Teufelskanzel“ angekommen, ist der Maler eins mit sich und der Natur: Der Aufstieg ist geschafft, die verehrte Gertrud dabei, der Wein wirkt und die ringsum sich entfaltende Landschaft lässt ihn seine körperlichen Gebrechen und die Unerfüllbarkeit seiner Liebe vergessen: „Das Leben ist doch schön!“.

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Noch auf der Teufelskanzel jedoch beginnt die Wendung: Auf einer schönen bemoosten Lichtung erzählt der Maler den Umstehenden, darunter Gertrud, eine mystische Geschichte von einem ungeschlachten Ungeheuer, welches ein reizendes Fräulein raubt. Je weiter die Geschichte gedeiht und je konkreter sich Gertrud im Entführungsopfer wiederfindet, desto unangenehmer wird ihr die Situation, der sie schließlich entflieht. Im anschließend vom Maler belauschten Gespräch zwischen Gertrud und ihrem Cousin – dem fiktiven Erzähler der Geschichte – kommt es zum Bruch: Gertrud entdeckt dem Cousin, dass sie sich von der offenbar gewordenen Zuneigung des Malers bedrängt fühlt und sich – trotz moralischer Bedenken – nicht in der Lage sieht, diese Gefühle zu erwidern:

„Sie sah mich eine Weile unentschlossen an, dann mit einer raschen Bewegung zu mir tretend, brachte sie den Mund dicht an mein Ohr und rief mit einem Ton des Abscheues: »Der Bucklige!«

»Mein armer Freund!« Ich wußte weiter nichts zu sagen, obgleich es mir seit der letzten halben Stunde nichts Neues war, was ich erfuhr.

Gertrud nickte. »Er hat so gute Augen!« sagte sie. »Oh, ich weiß es ja, es ist so schlecht von mir!« und dabei fing sie bitterlich zu weinen an.

Nachdem ich sie etwas beruhigt hatte, bat ich sie noch ein paar Augenblicke hier zu verweilen; ich wollte, ehe sie dorthin zurückkehrte, den kleinen Maler aus dem Kinderkreise zu entfernen suchen. Gertrud war damit einverstanden. Als ich aber kaum ein paar Schritte in die Bäume hinein getan hatte, sah ich nicht weit von mir eine arme gebrechliche Gestalt an einen Baum gelehnt.“

(Theodor Storm, Eine Malerarbeit, herausgegeben von Karl-Maria Guth aaO, Seiten 60 f.).

Damit endet der Aufenthalt auf der Teufelskanzel und es beginnt – auch im übertragenen Sinne – der Abstieg. Der Maler entzieht sich der für ihn unerträglichen Situation und verlässt die Stadt. Erst nach Jahren entdeckt ihn der Erzähler wieder. Im gemeinsamen Haushalt mit seiner Schwester und deren Tochter hat er in neuem, doch vertrautem Umfeld Ruhe und darüber hinaus Erfüllung gefunden: Er darf dem Sohn des Nachbarn, einem vierschrötigen Bauern, dessen Talent er erkannt und dem zunächst widerwilligen Vater vor Augen geführt hat, Malunterricht erteilen. Er hat nun gleichsam einen geistig-künstlerischen Ziehsohn gefunden und kann so in familiärer Atmosphäre ganz seiner Kunst leben und sein Talent weitergeben.

Storms Erzähltechnik – „Geschichte in der Geschichte“

Storm wählt für seine „Malerarbeit“ die Technik einer fiktiven Erzählung innerhalb der Novelle:

„Wir saßen am Kamin, Männer und Frauen, eine behagliche Plaudergesellschaft. Der Mensch gab wie immer den besten Unterhaltungsstoff, und endlich waren wir bei einem abwesenden Bekannten angelangt, der aus Mißfallen an seiner übrigens frei gewählten Gattin sein Familienleben fast eigensinnig zu zerstören schien. Es wurde hin und wider gesprochen und Partei genommen. »Mit der ist nicht zu leben«, riefen einige, »man kann’s ihm nicht verdenken!«

Der bisher schweigsame Hausarzt, der sich erst seit einigen Jahren in unserem Städtchen niedergelassen, räusperte sich und nahm eine Prise. »Man muß sein Leben aus dem Holze schnitzen, das man hat«, sagte er, »und damit basta!«

»Wenn’s aber nichts taugt?« wurde dagegengesprochen.

»Und wenn es krumm und knorrig wäre!« erwiderte er.“

Mit dieser Einleitung holt Storm – ähnlich wie im „Schimmelreiter“, in dem er diese Technik noch um eine weitere Stufe ergänzt – gleichsam mit in die „Plaudergesellschaft“. Man wähnt sich als Teilnehmer, der nun ebenfalls gespannt ist, welche Geschichte der Hausarzt erzählen wird:

„»Doktor«, rief die jugendliche Hausfrau, »ich merke schon, dahinter steckt wieder eine Geschichte, aber die Contes moraux sind aus der Mode gekommen.«

»Nun«, versetzte er, »Sie wissen, wir Ärzte liegen oft im Streite mit dieser Göttin.«

»Laßt unsern Doktor erzählen«, entschied eine junge Dame. »Wenn’s nur eine Geschichte ist; es kommt auf die Moral nicht an!«

»Erst ein paar Scheite noch in den Kamin!« sagte der Doktor. »So! – und nun – ich weiß nicht, ob einer der verehrten Anwesenden den kleinen Maler Edde Brunken kennt?«“

Wie kaum einem anderen gelingt es Storm, den Leser in die erzählte Situation und die umgebende Landschaft hinein zu nehmen. In wenigen Worten lässt er dem Leser die Szenerie bildhaft vor Augen treten. Lautmalerisch vermittelt Storm Atmosphäre: Der körperlich beeinträchtigte Brunken sitzt nicht und hockt auch nicht auf seinem Pferd, sondern er „huckt“ auf der „hochbeinigen Mähre“. Storm lässt den Maler auch nicht einfach durch das Weinglas in die Sonne blicken oder blinzeln: „Man mußte es sehen, wie […] er das Glas emporhob, daß die Sonne durch den roten Wein funkelte, und mit den scharfen schwarzen Augen danach hinblinzte.“ Thomas Man schrieb 1930 in seinem Essay über Storm: „Er ist ein Meister, er bleibt.“ (Karl Ernst Laage, An’s Haff nun fliegt die Möwe, Auf Theodor Storms Spuren, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2010, Seite 7.)

Der Dichterjurist Theodor Storm – Anwalt, Richter und Erzähler

Theodor Storm wurde am 14. September 1817 in Husum geboren, die durch ihn als „graue Stadt am Meer“ literarische Berühmtheit erlangte. Als Sohn eines Rechtsanwaltes oder – eines wie Storm selbst schreibt „Advokaten und Notar[s]“ sollte Storm später selbst Jura studieren und damit zu einem der vielen „Dichterjuristen“ werden. Seine Liebe und sein Talent für das Erzählen wurde früh geweckt: Regelmäßig hörte er als Junge in Husum der Bäckerstochter Lena Wies zu, die ihn, wie er selbst sagte, in die „Kunst des Erzählens“ einführte. Offenbar war sie eine begnadete Erzählerin, die den Kindern die Atmosphäre, nicht zuletzt die feierliche, mystische-gespenstische Stimmung einer nebligen oder nächtlichen Küstenlandschaft, einer heraufkommenden Sturmflut oder eines sonst bevorstehendes Unglücks eindrücklich vermittelte und erlebbar machte. Eine mystisch-düstere, latent unheilvolle Atmosphäre ist vielen Novellen Storms spürbar.

Theodor Storm Straße – © Katrin von Mengden-Breucker/Marius Breucker

Nach Besuch des berühmten Gymnasiums Katharineum in Lübeck studierte Storm Jura in Kiel und Berlin. Von seiner Berliner Studentenzeit erzählt er in der Novelle „Auf der Universität“. Zurückgekehrt an die Universität Kiel schloss Storm Freundschaft unter anderem mit dem späteren Historiker Theodor Mommsen (1817 – 1903) und dessen Bruder, dem späteren Alt-Philologen Tycho Mommsen. Dieser Kreis entdeckte und verehrte Eduard Mörike als „lyrisches Genie“. Nach Aufnahme eines Briefwechsels besuchte Theodor Storm Mörike 1855 in Stuttgart und erhielt dabei wertvolle Anregungen für seine weitere Tätigkeit. Die Begegnung mit Mörike in Stuttgart beeindruckte Storm so stark, dass er noch auf der Rückfahrt Mitte August im Eisenbahnwagen von Stuttgart nach Heidelberg seine wesentlichen Eindrücke notierte. Hierauf konnte er zurückgreifen, als nach Mörikes Tod aufgefordert worden war, einen Nachruf zu schreiben, den er schließlich im Januar 1877 in Westermanns Monatsheften veröffentlichte.

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Rechtsanwalt in Husum

Zwischenzeitlich hatte Storm nach Abschluss seines Studiums in seiner Heimatstadt Husums in der Kanzlei seines Vaters den Beruf des Rechtsanwalts aufgenommen. Bald eröffnete er eine eigene Anwaltspraxis, wobei er zur Unterscheidung von der Kanzlei seines Vaters seinen zweiten Vornamen „Woldsen“ dem Nachnamen „Storm“ hinzufügte. So firmierte er als Anwalt unter „Woldsen Storm“. Neben seiner Anwaltstätigkeit war Storm erzählerisch und lyrisch tätig. Im berühmten Gedicht „Die Stadt“ beschreibt er seine Heimatstadt Husum und die Atmosphäre der schleswig-holsteinischen Westküstenlandschaft (Karl Ernst Laage, An’s Haff nun fliegt die Möwe, Auf Theodor Storms Spuren, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2010, Seiten 39 f.):

Die Stadt

Am grauen Strand, am grauen Meer

Und seitab liegt die Stadt;

Der Nebel drückt die Dächer schwer,

Und durch die Stille braust das Meer

Eintönig um die Stadt.

Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai

Kein Vogel ohn Unterlaß;

Die Wandergans mit hartem Schrei

Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,

Am Strande weht das Gras.

Doch hängt mein ganzes Herz an dir,

Du graue Stadt am Meer;

Der Jugend Zauber für und für

Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,

Du graue Stadt am Meer.

Bekannt wurde Storm vor allem durch seine Novellen, namentlich durch die zu seinen Lebzeiten populäre Erzählung „Immensee“, die 1849 in erster Fassung erschien. Bis heute bekannt ist das Kindermärchen „Der kleine Häwelmann“ aus dem gleichen Jahr.

Amtsrichter und Landvogt

Nachdem die von Storm unterstützte schleswig-holsteinische Freiheitsbewegung gescheitert und er sich Repressalien des dänischen Königs ausgesetzt sah, wurde Storm 1853 Gerichtsassessor in Potsdam und damit preußischer Beamter. Nach drei Jahren wechselte er als Kreisrichter – vergleichbar dem heutigen Amtsrichter – nach Heiligenstadt. Dort lernte er das Mittelgebirge kennen, was ihn sicherlich zur Landschaftsschilderung in der „Malerarbeit“ inspirierte. Nachdem die dänische Herrschaft in Schleswig Holstein beendet war, wurde Storm zum Landvogt gewählt und trat aus Pflichtgefühl dieses Amt und zugleich das Amt des Amtsrichters in Husum an. So war er von 1864 bis 1880 wieder als Richter, dieses Mal am Amtsgericht in seiner Heimatstadt tätig. Er versah seine Ämter mit Fleiß und Umsicht, immer auch das Recht und die Sorgen der „kleinen Leute“ im Auge, mit deren Milieu er trotz seiner bürgerlichen Herkunft von klein auf vertraut war.

Nach seiner Pensionierung siedelte Storm auf seinen Alterssitz in Hademarschen über, wo er sich eine Villa mit Garten bauen ließ. Dort schrieb er sein letztes und vielleicht größtes Werk, die 1888 erschienene Novelle „Der Schimmelreiter“. Am 4. Juli 1888 starb er in Hademarschen. Auch in seinem berühmten „Schimmelreiter“ beschreibt Storm Berge – allerdings anderer Natur:

„ – Nur Berge von Wasser sah er vor sich, die dräuend gegen den nächtlichen Himmel stiegen, die in der furchtbaren Dämmerung sich übereinanderzutürmen suchten und übereinander gegen das feste Land schlugen. Mit weißen Kronen kamen sie daher, heulend, als sei in ihnen der Schrei alles furchtbaren Raubgetiers der Wildnis. Der Schimmel schlug mit den Vorderhufen und schnob mit seinen Nüstern in den Lärm hinaus; den Reiter aber wollte es überfallen, als sei hier alle Menschenmacht zu Ende; als müsse jetzt die Nacht, der Tod, das Nichts hereinbrechen.“

Foto von Elina Volkova: https://www.pexels.com/de-de/foto/meer-wolken-wellen-ufer-16238709/

Katrin von Mengden-Breucker & Marius Breucker

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